Ein unscheinbares Aktenzeichen eines Ermittlungsverfahrens einer Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft sitzt in Hamburg, die das Ermittlungsverfahren führt. Eröffnet wurde es am 23. Dezember 2013. Ein schönes Weihnachtsgeschenk pünktlich zu Heilig Abend für den Hrn. Urmann, Geschäftsführer von U+C Rechtsanwälte URMANN + COLLEGEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Regensburg.
Das Verfahren wurde auf die Strafanzeige der Kanzlei MMR, Müller Müller Rößner, eröffnet. Ausgang ungewiss. Kern der Strafanzeige stützt sich auf den §§ 240, 253 (4), 263 (3) StGB, also auf Nötigung, schwere Erpressung und schwerer Betrug. Der BGH hat gerade im Bezug auf Anwaltsschreiben / -mahnungen mit enthaltenen Drohungen erst kürzlich einen Richterspruch abgesetzt, der darstellt, dass “ein mit der Autorität eines Organs der Rechtspflege ausgestatteter Rechtsanwalt, der Behauptungen und Androhungen gegenüber einem juristischen Laien ausspricht, diese tatsächlich aber nicht bestehen, somit eine strafbare Handlung entsteht.” Diese strafbare Handlung betrifft jedoch in diesem Fall “lediglich” den Straftatsbestand der Nötigung, strafbar gem. § 240 (3) StGB oder bei erfolgter Zahlung auf die Nötigung, dann strafbar gem. § 240 StGB.
Der BGH führt dazu im Detail aus:
Zu Recht hat die Strafkammer den Hinweis des Angeklagten, seine Mandantin behalte sich im Falle der Nichtzahlung die Erstattung einer Strafanzeige vor, als (versuchte) Nötigung im Sinne von § 240 StGB gewertet.
Eine Nötigung setzt voraus, dass mit einem Übel (a.) gedroht wird (b.), wobei das Übel empfindlich sein muss (c.). Außerdem muss die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck gem. § 240 Abs. 2 StGB als verwerflich anzusehen sein (d.).
Bei einem Übel handelt es sich um eine künditige nachteilige Veränderung der Außenwelt (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 240 Rn 32; Toeppel in NK-StGB, 4. Aufl., § 240 Rn. 103). Dies trifft für eine Strafanzeige zu, weil daraus zumindest ein Ermittlungsverfahren mit seinen vielfältigen nachteiligen Folgen erwachsen kann (vgl. Kudlich/Melloh, JuS 2005, 912; weitere Nachweise bei Sinn in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 240 Rn. 78).
Der Täter droht mit einem Übel, wenn er (sei es zutreffend oder nicht) behauptet, er habe auf dessen Eintritt Einfluss (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2011 – 1 StR 287/11, zusammenfassend Fischer aaO Rn. 31 mwN). Soll das Übel von einem Dritten verwirklicht werden, so muss er also die Vorstellung erwecken wollen, er könne den Driten mit der angekündigten Richtung beeinflussen und wolle dies für den Fall der Verweigerung des verlangten Verhaltens auch tun.Urteil des BGH AZ: 1 STR 162/13
Der gesamte Wortlaut des BGH dazu ist in diesem PDF zu finden, spannend wird es ab Seite 12. Die Strafanzeige der Kanzlei MMR findet sich da: Strafanzeige_gegen_Thomas_Urmann
Das Ermittlungsverfahren wird sich nun darauf erstrecken in wie weit die Abmahnungen zu recht erfolgt sind. Gerade im Hinblick auf das Rechteproblem (dazu gibt es einen seperaten Blogpost der das Thema anspricht) kann es durchaus sein, dass hier strafbare Handlungen vorliegen, bei denen jedoch der Rechtsanwalt noch davon kommen dürfte, da ich es als schwierig erachte im den Vorsatz nachzuweisen. Wie bereits in einem Interview des Rechtsanwalts lies er bereits verlautbaren, “dass er lediglich der Anwalt sei und technische Hintergründe guten Gewissens nicht beantworten könne”. Das wird sich vermutlich auch auf die Rechteinhaberschaft von The Archive AG ausweiten lassen, denn er wird sich darauf berufen was ihm sein Mandant erklärt hat. Seine Aufgabe war es nicht zu prüfen ob der Mandant tatsächlich die Rechte inne hat.
Wobei ich mich dann jedoch fragen muss, wie leichtgläubig der Rechtsanwalt sein muss, wenn er hier einen Mandatsballon von mehreren tausend Schreiben annimmt, ohne sich vorher zu vergwissern, dass die Inhaberschaft der Rechte einwandfrei ist. Vielleicht wird es ein blaues Auge mit dem er davon kommt. Ein starkes Stück wäre es, wenn man ihm die Mittäterschaft nachweisen kann. Dann dürfte so ziemlich die Post abgehen.